Herausgegeben und mit einem Nachwort von Detlef GrumbachChristian Geissler untersucht in seinem Romandebut "Anfrage" (1960) die Schuld der Vater am Holocaust und greift die "Wir haben von allem nichts gewusst"-Haltung der Adenauer-Ara an. Das war neu und stie nicht gerade auf Gegenliebe in der Nachkriegsgesellschaft. Der Roman erzahlt vom Physiker Klaus Kohler, der herausfinden will, was mit der judischen Familie Valentin geschehen ist. Ihr hatte das Haus gehort, in dem das Institut untergebracht ist, in dem er arbeitet. Seine "Anfragen" fordern das Bild einer Gesellschaft zu Tage, in der alte Nazis unbehelligt weiterleben und die Opfer sich weiterhin verstecken mussen. Zudem sucht der Protagonist den einzigen uberlebenden Sohn des Eigentumers, der noch immer in Angst und Schrecken unter falschem Namen in der Stadt wohnen soll. Kohlers mit der DDR sympathisierender Kollege Steinhoff interessiert dies nicht. Fur ihn, der ein Bein im Krieg verloren hat und der traumatisiert wie zynisch stets davon erzahlt, wie Menschen als Soldaten von Hitler zum Kriegsende verheizt wurden, zahlt ein Einzelschicksal nicht. Schlie lich begegnet Kohler einem entfernten Verwandten der judischen Familie, der in den USA lebt und wahrend einer Europareise das Haus der Familie aufsucht. "Anfrage" wurde 1960 zum Bestsellererfolg. Gro e und kleine Zeitungen druckten Besprechungen, sorgten so fur eine enorme Verbreitung. Marcel Reich-Ranicki sah in dem Buch den lang ersehnten Schrei des Schmerzes und der Verzweiflung, der Schande und der Emporung: "Ein heiserer Schrei, gewi , doch ein erschutternder Schrei, dessen Ehrlichkeit nicht bezweifelt werden kann."